10 Fakten zur Entwurfsplanung der Ortsmitte

Grundlage: Die preisgekrönte, im Internet zugängliche Erstplanung des Ideenwettbewerbs vom 13.02.2018 und der Foliensatz von der Gemeinderatssitzung am 20.02.2020, AZ, Stadtzeitung, TO Gemeinderat, FW-Themenbrief (siehe Quellen).

Inhaltsverzeichnis:


Abriss des Hauses am Schlossanger 1 – Biergarten – Maibaumplatz

Das Haus der Bauhofmitarbeiter sollte abgerissen werden zugunsten eines Biergartens an der Zufahrt zum Kindergarten. Nach Einwänden soll nur der südliche Teil des Gartens gerodet und ein granitgepflasterter Maibaumplatz entstehen. Wird mittelfristig am Abriss festgehalten?


Barrierefreiheit – Bushaltestellen – Verkehrsknoten

Für die neuen E-Busse und Erdgasbusse des AVVs sind die Busbuchten zu kurz. Von sechs Bushaltestellen sollen nur die zwei in der Ortsmitte barrierefrei mit breiteren Gehwegen umgebaut werden. Die Busse halten auf der Straße, Übergänge werden durch eine zweite Ampel östlich der Haltestelle gesichert. Wird die Verengung der Hauptstraße zwischen Edeka, nachfolgende Kurve und Bäckergasse dort zu einem Nadelöhr und einem Knotenpunkt im Kreuzungsbereich führen?


Durchgrünung

Es werden fünf Bäume, Hecken und Sträucher auf insgesamt 250 m² Vegetationsfläche gerodet. Dafür sollen vier Alleebäume gepflanzt werden, zwei davon auf Privatgrund (Gellner). Als neue Vegetationsflächen werden 175 m² Laubhecken, Schmuckpflanzungen, Stauden, Ziergräser und Rollrasen gepflanzt. Ihnen stehen ca. 1.750 m² Granitpflaster (ohne Straßenpflaster und Stellplätze) gegenüber.


Gehwege und Fahrradstraße

Höhengleiches Pflaster genügt, um eine Fahrradstraße in der Kurzen Bahnhofstraße auszuloben ohne direkten Anschluss an den Landrat-Dr.-Frey-Radweg. Der westliche Gehweg in der Kurzen Bahnhofstraße endet auf dem Entwurfsplan vom 20.02.2020 an der Kühlerhaube eines parkenden Autos. Hier muss auf den privaten Grund entlang der Puschak-Hauswand gewechselt werden. Hat jetzt der motorisierte Verkehr trotz „Fahrradstraße“ Vorrang vor den Fußgängern?


Information der Bürgerinnen und Bürger

Die Auslobung eines Wettbewerbs mit Überplanung von privaten Flächen ging von der Ratsmehrheit der FW aus.

Die Öffentlichkeit war zur Preisverleihung am 2. März 2018 eingeladen, danach wurden die Pläne drei Wochen lang im Rathaus zur Ansicht bereitgehalten. In ca. fünf Gemeinderatssitzungen war die Ortsmitte Thema und wer nicht im öffentlichen Teil dabei war, konnte sich nirgends informieren.

Dem engagierten fraktionsübergreifenden Einsatz ist es zu verdanken, dass 100 interessierte Bürgerinnen und Bürger bei der Gemeinderatssitzung am 20.02.2020 anwesend waren. Dadurch wurde die Entscheidung über die weitere Umsetzung des Entwurfsplans von der Tagesordnung genommen.


Kosten – Kostenentwicklung

Die Kostenberechnung der Entwurfsplanung beläuft sich auf 2,1 Millionen EURO Bruttobaukosten. Am 04.05.2018 berichtet die AZ, die Bruttobaukosten lägen bei ca. 826.500,00 EURO.

2018 wurden Wettbewerbs- und Planungskosten sowie Preisgelder von insgesamt 95.410,27 EURO bezahlt, Planungskosten für 2019 wurden nicht öffentlich. Der Brunnen allein kostet ca. 260.000,00 EURO.


Ortsmitte

Die Tiefgaragenzufahrt und die überbauten Parkplätze des Puschak-Gebäudes sind aus Beton. Der Platz davor ist zurzeit mit Betonsteinen gepflastert, die Begrenzung zum Gehweg besteht aus Betonkübeln.

In der Entwurfsplanung sind auf dem Platz Granitpflastersteine verlegt, das zentrale Gestaltungselement des Platzes soll das Wasserspiel sein. Der Brunnen samt Sitzreihe hat insgesamt ca. 4 m Durchmesser und wird aus Betonfertigteilen montiert. Die Sitzauflage ist aus Holz.

Der FW-„Themenbrief ‚Ortsmitte‘“ benennt die „Überplanung der Ortsmitte“ und „Öffentlicher Platz in der Ortsmitte“ als ihren Erfolg und die „Gestaltung der Ortsmitte“ als ihr Programm.


Planungen – Private Flächen

Die Gemeinde überplant die Hauptstraße und privaten Flächen auf Kosten der Bürgerinnen und Bürger. Dies betrifft das Straßencafé Gellner samt Parkplätzen und den Puschak-Platz mit Brunnen. Nutzungsverträge sind dem Gemeinderat bisher nicht vorgelegt worden, unklar sind die Verfahren bei Rückbauverlangen. Alle diese Flächen müssen von der Gemeinde gewartet, gepflegt, geräumt sowie die Hecken und Bäume geschnitten werden. Gehen diese Flächen in die Haftungsverantwortung der Gemeinde über?


Umleitungsstraße der BAB 8 – Verkehrsentwicklung

Der sechsstreifige Ausbau der BAB 8 hat nicht zu einem spürbaren Rückgang der Umleitungen durch Aystetten geführt. Trotzdem wird die Hauptstraße (offizielle Umleitungsstrecke) vom Edeka bis Bäckergasse auf 6,50 m verengt. Wird dadurch im Ortszentrum ein Nadelöhr und im Kreuzungsbereich ein Verkehrsknoten entstehen?

Die Verkehrsentwicklung geht zu E-Mobilität, Hybrid- und Wasserstoffantrieb. Sie werden den Individualverkehr nicht verringern. Das kann nur ein Umdenken, das gezielt den ÖPNV fördert.


Wartungs- und Unterhaltskosten

Es gibt keine Schätzung der Folgekosten der Einbauten. Das betrifft die Kosten für Barrierefreiheit an den Bushaltestellen und Ampeln sowie den Brunnen. Laufende Kosten des Brunnens wie Wasser, Kanal, Strom und die jährlich anfallende Reinigung, Wartung der Brunnentechnik, Reparaturen werden einen jährlichen, nicht unerheblichen Haushaltsposten bilden. Der zusätzliche personelle und materielle Aufwand für die Pflege von Hecken, Bäumen und Pflanzen, aber auch der Granitpflasterflächen auf privaten Flächen ist nicht geklärt, ebenso wenig Rückbauten.


Fazit der GRÜNEN Aystetten

  • Die massive Bebauung mittels Ausnahmegenehmigungen von Baugrenzen hat erst die schwierige Situation mit Tiefgaragenausfahrt und tristem Vorplatz geschaffen.
  • Bei einem Projekt dieser Bedeutung „Ortsmitte“, Größe und Finanzbedarfs wäre die Einbindung der Öffentlichkeit mit Info-Veranstaltungen eigentlich selbstverständlich. Stattdessen wurde versucht, noch kurz vor der Wahl die Entscheidung über die endgültige Entwurfsplanung als Bauzustimmung durchzusetzen. Wir sind für mehr Transparenz, frühzeitige Einbindung der Bevölkerung, Informationsmöglichkeiten und Veranstaltungen während der Planungsphase.
  • Wir wollen ein Verkehrs- und Mobilitätskonzept für ganz Aystetten, das sichere, barrierefreie Geh- und Radwege, Einbahnstraßen, Parkmöglichkeiten sinnvoll einbezieht und den innerörtlichen Verkehr leitet. Darin können Einzelmaßnahmen eingebunden werden.
  • Wir wollen keinen Hausabriss zugunsten eines Biergartens an der Zufahrt zum Kindergarten. Wir wollen, dass für die Bauhofmitarbeiter Wohnungen gesucht und bereitgestellt werden, falls das Haus nicht saniert werden kann.  
  • Wir halten es für äußerst schwierig, wenn überwiegend private Flächen überplant werden, teure Einbauten wie Brunnen oder andere Gestaltung auf privaten Flächen vorgenommen werden, solange nicht langfristige Verträge über Nutzung, Rechte und Pflichten vorliegen.
  • Wir halten es nicht für nachhaltig und klimabewusst, wenn neues Pflaster wieder abgeräumt und Granitpflaster verlegt wird.
  • Wir halten nichts davon, wenn eine sanierte Straße, für die wir nicht Baulastträger sind, auf gemeindliche Kosten umgebaut wird und dadurch ein Nadelöhr in einer Kurve und ein Knotenpunkt im Kreuzungsbereich entstehen können.
  • Die kleinformatige Pflasterung aller Wege in der Ortsmitte halten wir nicht für benutzer-freundlich. Wer schon einmal Gehhilfen (Krücken) gebraucht hat, nicht gut zu Fuß ist oder einen Rollstuhl geschoben hat, weiß wie anstrengend das Vorwärtskommen ist.
  • Ökologisch, nachhaltig und klimabewusst ist die Pflanzung von Bäumen, die mehr positive Auswirkungen auf das Mikroklima, auf die Lärmminderung, Abgasbindung und Artenvielfalt haben als ein Wasserspiel und aufgehellter Asphalt. Es wäre deutlich mehr Grün möglich. Fassadenbegrünung zumindest an den Betonteilen der Tiefgaragenausfahrt wäre beispielsweise eine kostengünstige Option unter anderen.
  • Auf der Homepage von competitionline.de veröffentlicht das Planungsbüro des endgültigen Entwurfs, die Landschaftsarchitekten silands | Gresz + Kaiser, ihre Wettbewerbsteilnahmen und Projekte. Seit der Aktualisierung der Seite am 09.01.2020 wird die Aystetter Ortsmitte als „Projekt im Bau“ bezeichnet. Das ist so nicht richtig. Die Aystetter Ortsmitte befindet sich noch in der Entwurfsplanung und über den Entwurf wurde nicht abgestimmt.
  • An erster Stelle stehen dringend notwendige Projekte zur Sanierung der Trinkwasserversorgung, des Kanalnetzes, Straßensanierungen wie Maierhaldenweg, Frühlingstraße, Gras-weiherweg, Hans-Sailer-Straße, Hochwasserschutz durch den ökologischen Ausbau des Mühlbachs. Wichtig ist die Erstellung eines Gesamtkonzepts für den ganzen Ort, für Fuß-, Rad-, Individualverkehr und Öffentlicher Personennahverkehr. Natürlich wird die Ortsmitte ein Teil davon sein, aber ob dafür mindestens 2,1 Millionen EURO bereitgestellt werden können, ist mehr als fraglich.

Den ausführlichen Fakten-Check findest du hier.


Quellen

Neugestaltung Ortsmitte Aystetten: Landschaftsarchitekten silands | Gresz + Kaiser Landschaftsarchitekten PartG mbB, Ulm (DE).
https://www.competitionline.com/de/beitraege/152096 (13.02.2018, Beurteilung Preisgericht)
https://www.competitionline.com/de/ergebnisse/289602 (21.02.2019, Teilnehmer am Wettbewerb, Preisgelder)
https://www.competitionline.com/de/projekte/69287 (09.01.2020, Projektbeschreibung, Benennung als „Projekt im Bau“)
– Foliensatz zur Gemeinderatssitzung 20.02.2020 von silands | Gresz + Kaiser Landschaftsarchitekten PartG mbB, Ulm (DE).
– Stadtzeitung online vom 03.05.2015 https://www.stadtzeitung.de/region/aystetten/politik/baugenehmigung-fuer-aystetter-roessle-gelaende-erteilt-id47791.html

FW: Themenbrief „Ortsmitte“ vom 25.01.2020 https://de-de.facebook.com/FreieWaehlerAystetten/

AZ vom 04.05.2018 über das Pressearchiv der Gemeinde Aystetten: https://bit.ly/3jbBZ60

Tagesordnung der öffentlichen Gemeinderatssitzung 20.02.2020, TOP 3

Zugriff auf alle o. a. Online-Quellen am 29.02.2020